Ein Haus hat ausgedient

Als die letzten Trümmer beseitigt waren, erschraken die Taminser über die unerwartet grosse Lücke, die da aufklaffte. Der alte Brunnen war noch da, doch er stand verloren im Nichts. So hatten sie es sich nicht vorgestellt, als sie das alte Gemeindehaus – an der Gemeindeversammlung vom 13. Oktober 1972 zum Abriss freigegeben hatten. So stellt man es sich nie vor. 

Wenn ein Haus abgebrochen wird, ist es so, als ob ein Teil seines Wesens immer noch im Raum stehe. Wenn die Nachbarn am Morgen aus dem Haus treten oder wenn Leute aus anderen Dorfteilen vorbeikommen, ist ihnen die Lücke wie eine Wunde, die in das Dorf geschlagen wurde. Doch dann verblasst die Erinnerung, und erstaunlich schnell können sich die Leute gar nicht mehr vorstellen, wie es war, damals, als das Haus noch stand. Wenn sie eine alte Foto sehen, sagen sie verwundert: So eng war es hier damals.

Manchmal wird die Lücke mit etwas gefüllt, das schöner und besser ist als das Alte. Ein neues Haus. Ein Spielplatz. Eine Skulptur. In Tamins ist das nicht geschehen. Die Gemeinde machte zwar einen Versuch, ein neues Haus zu bauen, eines mit einem neuen Ladenlokal für den Konsum, mit Wohnungen, Büros vielleicht, einer Arztpraxis. Doch die Betreiber des Konsums winkten ab, und so schien die Rendite gefährdet. In einer turbulenten Abstimmung, bei der es nicht nur zahlenmässig hart auf hart ging, beschlossen die anwesenden Stimmbürger, die Planung für einen Neubau vorläufig  fallen zu lassen. Sie fanden sich mit der Lücke ab, und sie machten das Beste daraus, indem sie auf den Platz, der keinen Namen hat, Parkfelder aufmalten.